Tagebuch (Eintrag 9 von 20)

Rees-Dart-Track

5 Tage Wandern auf dem Rees-Dart-Track

Wir wollen auf jeden Fall noch eine große Wanderung auf der Südinsel Neuseelands machen. Zur Auswahl stehen genügend mehrtägige Strecken. Es gibt die mehr als gut ausgebauten Great Walks, die allerdings auch ziemlich gut besucht sind und etliche weniger frequentierte Tracks. Wir entscheiden uns letztenendes gegen einen Great Walk und für den etwas schwierigeren Rees-Dart Track. Die Wanderstrecke geht in der Nähe des kleinen Ortes Glenorchy los und ist nicht ganz ein Rundweg. Der Transport zum Start und vom Ziel geschieht mit dem Bus. Den Rees-Dart mit etwa 57km kann man gut in vier Tagen laufen. Wenn das Wetter mitspielt, kann man noch einen Tagesausflug zum Cascade Saddle machen und hat dann in fünf Tagen insgesamt ca. 72km vor sich. Für die Übernachtungen stehen Hütten vom DOC zur Verfügung.

top
Sonnabend, 22.04.2006

Gestern Abend waren wir noch im DOC und haben uns in die Wanderliste eingeschrieben und nach den Wetterbedingungen gefragt. Die Aussichten sind nicht gerade rosig, Regen und sogar Regenwarnungen für die nächsten Tage. Wir werden etwas unsicher und beschließen unser Zelt und die Isomatten mitzunehmen, da die anstehenden Flussdurchquerungen schwierig bis unmöglich werden könnten und wir notfalls zwischen den Hütten feststecken könnten. Das werden wieder ziemlich schwere Extrakilos...

Die Nacht regnet es, was das Zeug hält, was natürlich alle Motivation plattmacht. Am Morgen sieht es nicht besser aus. Da die Bustickets aber schon bezahlt sind, entschließen wir uns aber doch zumindestens mal zum Muddy Creek Carpark zu fahren, dem Startpunkt des Tracks.

Als wir um zehn aus dem kleinen Bus steigen, regnet es nicht mehr. Los geht’s, vor uns liegen 16½ Kilometer! Am Anfang geht es recht zügig voran. Wir haben mehrere kleine Bäche zu überqueren. Bei zweien wechseln wir auf Sandalen, damit die Wanderschuhe trocken bleiben. Das Wetter spielt auch immer mehr mit, es schaut sogar die Sonne durch. Dann wird es aber schwierig. Der Weg mutiert zur Schlammschlacht um dann in einer abgesoffenen Wiese völlig zu verschwinden. Mitten drin versacken wir in als Wiese getarnten wadentiefen Wasserlöchern. Das mit den trockenen Wanderschuhen hat sich also auch erstmal erledigt. :-(

Wir kommen zum 25 Mile Creek, einem ziemlich schnell fließenden und tiefen Fluss. Wir überlegen nicht lang und laufen einfach durch. Das Wasser geht bis über die Knie und wir haben etwas mit der Strömung zu kämpfen. Nichtsdestotrotz haben wir jetzt Spaß an der Sache und die fehlende Motivation ist wieder voll da. Das Tal des Rees River ist mit seinen schneebedeckten Bergen ziemlich schick!

Nach einer Weile beginnt es aber wieder zu regnen und der Weg ist ein einziger Sumpf. Irgendwann kommen wir dann in den Wald. Ein Schild sagt uns, dass wir noch immer 2..3 Stunden vor uns haben. Mittlerweile sind wir auch schon ganze fünf unterwegs. Der Pfad geht steil bergauf, mit der Stimmung geht es allerdings steil bergab. Nach dem zehnten Fluss durch den wir stapfen, hören wir auf zu zählen. Man kann manchmal auch nicht mehr sagen, ob der Weg durch einen Bach geht oder der Bach der Weg ist...

Nach knapp 7½ Stunden erreichen wir dann ziemlich durchgefroren, entnervt und patschnass die Shelter Rock Hut. Zum Glück ist noch genug Platz in der Hütte und das Feuer brennt auch schon im Ofen...

top
Sonntag, 23.04.2006

Nachts schlafen wir wie tot. Als wir aufwachen, ist draußen das selbe Bild wie gestern Abend: Regen. Gegen zehn laufen wir dann wieder los und es klart sogar etwas auf. Es geht stetig bergauf, immer am Rees River entlang. Nach zwei Stunden erreichen wir den Fuß des Rees Saddle. Hier kommt ein sehr steiler Anstieg. Als wir dann auf dem Grat angekommen liegt das Snowy Creek Valley vor uns mit herrlichstem Sonnenschein. Das Snowgrass leuchtet in der Sonne und das ganze Tal sieht fast golden aus. Jetzt macht es wieder richtig Spaß. :-)

Der Abstieg ist wieder etwas knifflig, da das Gras ziemlich rutschig ist und der Weg wieder aus mehr Wasser als Untergrund besteht. Dazu kommen noch ein paar ziemlich üble Windböen. Durch den Regenschutz auf dem Rucksack und die weiten Regenhosen haben wir eine ziemlich große Angriffsfläche. Kathleen weht es paarmal um und sie landet auf dem Hintern. Ich kämpfe etwas mit dem Rucksack, da sich das Zelt vom Gewicht her ordentlich bemerkbar macht. Wir kommen über eine ziemlich wackelige Hängebrücke und müssen noch durch einen knöcheltiefen Bach, bevor wir endlich die Dart Hut erreichen. Die Hütte ist ziemlich neu und hat auch wieder allen Luxus, wie z.B. Toiletten mit Spülung. :-)

Es waren heute zwar nur 9km, aber durch die vielen Höhenmeter haben wir doch wieder ca. 5½ Stunden gebaucht.

top
Montag, 24.04.2006

Herrliches Wetter! Wir beschließen aus vier Tagen wandern fünf zu machen und heute die Tagestour Richtung Cascade Saddle zu laufen. Wir packen die Rucksäcke um und nehmen nur einen fast leeren Rucksack mit. Allein das ist schon eine riesengroße Erholung. Der Weg führt wieder durch mehrere kleine Flüsse und das Dart Valley hinauf zum Cascade Glacier und zum Cascade Saddle. So richtig zeitig sind wir heute wieder nicht losgekommen und der Weg ist mit 4..5h angesetzt. Da wir die Strecke auch wieder zurück müssen, wollen wir schauen, wie weit wir kommen und vielleicht vor dem Saddle umkehren. Das Wetter ist heute richtig genial, besser kann es nicht sein. Der Wetterbericht liegt wieder mal völlig daneben.

Irgendwann bleiben wir dann an einem Creek hängen. Dort wo man über den Fluss kommt, geht es danach nicht weiter. Die Ufer bestehen auf losem und weichen Geröll und wir haben Probleme die ca. 8m hohe, steile Böschung hochzukommen. An den anderen Stellen, wo das Ufer gut aussieht, ist der Fluss aber wieder unpassierbar. Wir verlieren etwas die Lust und beschließen hier umzukehren. Außerdem zieht sich der Himmel langsam zu. Insgesamt sind wir wieder an die sechs Stunden unterwegs.

Am Abend haben wir dann in der Dart Hut noch Spaß beim Kartenspielen. Die Runde ist wieder bunt gemischt, Neuseeland, England, Italien und Deutschland sind vertreten. Der Hüttenwart macht die Hütte langsam winterfest und tischt noch ein paar Reserven auf. So gibt es Erdnüsse und sogar ein Freibier. :-)

top
Dienstag, 25.04.2006

Entgegen dem Wetterbericht regnet es früh wieder. Vor uns liegen 16km am Dart River flussabwärts bis zur Daleys Flat Hut. Am Anfang geht es durch dichten, moosbewachsenen Wald. Die Sicht ist heute ziemlich spärlich, da die Wolken tief im Tal hängen. Da der Regen auch die ganze Zeit nicht aufhören will, schauen wir auch weniger links und rechts. Wir trotten mehr oder weniger vor uns hin und die ganze Sache ist nicht so spannend. Der Weg ist trotz des vielen Regens nicht zu schlecht und wir kommen gut voran. Der Weg wechselt zwischen Wald und hügeligen Wiesen am Flussufer. Nach etwa 6½ Stunden kommt dann auch die Hütte in Sicht.

Am Abend haben alle erstmal ein Festessen. Da es der letzte Tag ist, werden alle Reste und Reserven aufgetischt. John, der Engländer, lädt dann mit einer 0,25l-Flasche zur Weinverkostung ein. Owen, der selbe Hüttenwart wie gestern, bringt noch einen Rest Obstler. Dann gibt es noch Campingfutter-Erdbeereis (Just add water - es lebe die chemische Industrie). Das Ganze hat schmeckt zwar eher widerlich, aber wir haben einen Riesengaudi. Zum Schluss landen alle Schokoladen- und Nussbestände auf einem Haufen, den wir dann beim Kartenspielen abtragen.

top
Mittwoch, 26.04.2006

Heute müssen wir etwas zeitiger raus. Der Bus fährt schon um zwei und wir müssen vorher um die 15km geschafft haben. Der Weg ist aber heute viel einfacher und wir rechnen mit 4½h. Leider mag das Wetter heute auch wieder nicht so richtig, strömender Regen.

Es geht wieder durch Wälder, über Wiesen und durch Geröllfelder. Es ist deutlich kälter als an den vergangenen Tagen, die Schneefallgrenze ist nur ein paar 100m über uns. Am Anfang ist es ja noch halbwegs angenehm zu laufen. Dann wird es aber ziemlich eklig. Da es die ganze Zeit regnet, was das Zeug hält, sind wir schon ziemlich durchgeweicht. Jetzt kommt noch ein eisiger und heftiger Wind auf. Das ist wieder mal ein Punkt, an dem das Ganze weit über das hinausgeht, was noch Spaß macht. Zum Glück dauert es nur eine gute halbe Stunde, bis der Wind erstmal die Regenwolken etwas auseinandergeblasen hat. Ab da geht es schon wieder deutlich besser. Irgendwann haben wir dann Chinamans Flat erreicht, das Ende des Tracks, wo uns eine halbe Stunde später der Bus abholt.

Trotz des eher nicht so tollen Wetters haben uns die fünf Tage wieder richtig Spaß gemacht. Die Strecke war nicht immer leicht, aber auch nicht unmöglich. Jetzt wissen wir auch, dass der DOC eher etwas übervorsichtige Ratschläge gibt. Das nächste Mal würden wir das Zelt nicht mehr mitschleppen.

Von Glenorchy fahren wir zurück nach Queenstown und gleich weiter nach Wanaka. Hier leisten wir uns erstmal ein schönes Zimmer im Hostel, eine Pizza und eine schöne lange Dusche...

Tagebuch (Eintrag 9 von 20)