Tagebuch Indien (Eintrag 2 von 10)

Delhi

Dienstag, 01.11.2011

Nach nur drei Stunden Schlaf bin ich eigentlich erstaunlich munter. Wir packen fix und sind kurz vor sechs auf dem Weg. Colaba schläft noch und wir müssen erstmal einen der Taxifahrer wecken, die üblicherweise gleich in ihren Autos übernachten. Am Flughafen behaupten wir uns gegen die drängelnden indischen Menschenmengen. Der Flieger hat allerdings zwei Stunden Verspätung, sodass wir noch etwas rumgammeln können. Jetzt werd ich auch müde, im Flieger fallen mir beim Aus-dem-Fenster-Schauen immer wieder die Augen zu. Kurz nach eins landen wir auf dem ziemlich neuen Flughafen in Delhi. Mit der nagelneuen und ultramodernen Metro geht es in die Stadt.

Wir steigen am Shivaji Stadium aus, denn hier ist irgendwo das anvisierte Guesthouse. Nacheinander werden wir von zwei zuvorkommenden und eigentlich sehr unaufdringlichen Indern angesprochen und in Richtung Touri-Info gelotst. Diese ist natürlich nicht die offizielle und versucht uns gleich irgendwelchen teuren Mist aufzuquatschen. Wir erkennen das und hauen recht schnell wieder ab. Jetzt sind wir richtig im Schlepper-Getriebe. Wir haben permanent jemanden an der Backe, der uns wechselweise versucht, in die falsche Richtung oder in ein ominöses Tourist Office zu manövrieren. Aber da uns witzigerweise die Schlepper vor Schleppern warnen, die hier unterwegs sein sollen, sind wir vorsichtig und sehen uns das Schauspiel eher amüsiert an. Wir brauchen allerdings fast zwei Stunden, bevor wir das Sunny Guesthouse nahe des Connaught Place erreichen, eine günstige Budgethöhle, aber ganz ok und vor allem sehr zentral.

Am Abend organisieren wir am Bahnhof noch die Tickets nach Shimla für übermorgen.

Lisa hatte an der Uni in Potsdam vor ein paar Monaten eine indische Professorin aus Delhi zu Besuch. Wir rufen bei Anurita an und werden natürlich gleich eingeladen und so ist der Abend auch verplant. Mit der Metro wollen wir Richtung Nordwesten. Schon in den U-Bahnhof zu gelangen ist recht aufwendig: An jedem Eingang gibt es eine Sandsackburg mit schwerbewaffneter Polizei, Sicherheitsschleusen mit X-Ray und Metalldetektoren. Da gerade Rush Hour ist, dauert das dann auch eine Weile. In der Metro ist es dann recht sardinenmäßig.

Wir sitzen zusammen mit Anurita und ihrem Mann und werden vom Hausboy mit allerlei leckeren Snacks versorgt. (Auf die Frage, wie jetzt Soziologieprofessorin und Hausboy zusammenpassen, fällt einem nur eine Antwort ein: Indien.) Nachdem wir permanent essen und trinken, gibt es halb 12 dann überraschenderweise das richtige Abendessen. Auch das ist unheimlich lecker und der Hausboy freut sich, dass es uns richtig gut schmeckt. Gegen zwei Uhr und nach viel Bier, Indsky (indischer Whisky) und Gin Tonic wird von unseren Gastgebern beschlossen, dass wir jetzt auf keinen Fall mehr ins Hotel fahren können. So werden wir im Schlafzimmer einquartiert. Mumbai von heute Morgen kommt einem vor, wie wenn es eine Ewigkeit her ist. Was für ein Tag...

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Mittwoch, 02.11.2011

Wir bekommen vom Hausboy noch ein leckeres Frühstück zusammengezimmert und fahren dann mit der Metro zu unserem noch nicht genutzten Guesthouse. Dann ziehen wir los auf Delhi-Entdeckungstour. Wir haben einige Sehenswürdigkeiten empfohlen bekommen. Zuerst fahren wir zum Lotus Tempel, danach zum Akshar Dham Tempel. Hier sind aber solche Menschenmassen, dass wir entscheiden nur von außen einen Blick drauf zu werfen, bevor es zum Parlament weitergeht. Von hier laufen wir in Richtung War Memorial. Auch Delhi macht bis jetzt nicht den chaotisch-stressigen Eindruck, wie ich es mir vorgestellt hab. Es ist alles eher weitflächig und fast schon ruhig.

Das ändert sich aber, als wir in Old Delhi aus der Metro steigen. Jetzt bin ich in Indien! Es ist laut, chaotisch, gefühlte 31 Leute, 3 hupende Autorikshas und vielleicht noch 0,5 Kühe pro Quadratmeter, fast kein Vorankommen... Wir bewegen uns Richtung Red Fort. Leider ist es mittlerweile aber schon relativ spät und hineinzugehen lohnt sich für eine halbe Stunde nicht mehr, zumal es auch schon dunkel wird. Außerdem haben wir eine Einladung zum Abendessen mit Anurita und Pradeep, diesmal am Connaught Place, dem riesigen Straßenrondell unweit von unserem Guesthouse. In einer Bar trinken wir ein Bier und es gibt paar Snacks, bevor wir dann in das Old Coffee House zum Essen wechseln. Sieht alles ziemlich schick und nobel aus, das Essen ist lecker und der Abend vergeht wieder schnell bei ziemlich interessanten Gesprächen. Mein Versuch, die Rechnung zu übernehmen, scheitert wie fast zu erwarten kläglich.

Zum Abschluss werden wir von den beiden für den 7. November noch auf eine indische Hochzeitsfeier eingeladen. Das kann man sich natürlich nicht entgehen lassen und so muss die Reiseplanung nochmal etwas umgebogen werden.

Tagebuch Indien (Eintrag 2 von 10)