Tagebuch
Am Vormittag kommen pausenlos Nachrichten über das Sturmtief Xavier, welches Deutschland und insbesondere eines meiner „Lieblingsunternehmen”, das schienengebundene, schwer im Griff hat. Somit ist unser Plan mit der Zug+Auto-Kombination nach Berlin schon mal passé. So wird spontan Plan B aktiv: Die Freundin fährt mit allen Kindern mit dem Auto nach Berlin und ich komme mit dem grünen Bus hinterher. Das Last-Minute-Busticket ist kein Problem, allerdings hat der Bus über eine Stunde Verspätung, die ich bei Mistwetter am Neustädter Bahnhof rumstehe. Dann klappt aber doch alles ganz gut, bis auf die in der Stunde kalt gewordene Bestell-Pizza in Berlin. Zum Glück ist der Sturm nun komplett vorüber, sodass wir nicht um unsere Flüge bangen müssen.
Meine Freundin fährt mit Constantin mit der BVG nach Tegel. Der Rest von uns nimmt das Auto, was ich dann in Flughafennähe stehen lasse. Unser Timing ist wieder mal eine ziemliche Punktlandung ohne viel Puffer, denn als ich mein Gepäck und die Babyschale am Check-In aufgebe, sitzen die beiden anderen noch im Bus. Die Dame am Schalter will allerdings das zugehörige Kind zum Kindersitz sehen. Ein paar Minuten später klappt auch das.
Die AirAustria Maschine hebt pünktlich in Richtung Wien ab, unserem Umsteigepunkt. Constantin ist super entspannt und feixt alle im Umkreis an. Umsteigen ist eigentlich übertrieben, denn nach einer Dreiviertelstunde stellen wir fest, dass wir in das Gate laufen, aus dem wir gerade kamen und der Flieger auch noch derselbe ist. Da wir auf beiden Flügen auf die gleichen Sitzplätze eingecheckt haben, sitzen wir nun wieder auf den von uns selber vollgekrümelten Sitzen.
Die zweite Etappe nach Thessaloniki ist auch entspannt und schnell rum. Das Wetter bei der Ankunft ist allerdings bescheiden, kalt und regnerisch. Mit einem Shuttlebus werden wir von der Mietwagenbutze aufgesammelt. Der Siebensitzer entpuppt sich als Fiat 500L mit 5 richtigen und 2 Hilfsklappsitzen im Kofferraum. Die kleinste Tochter hat hier erstmal ziemlich verloren und das Verstauen des Gepäcks bedarf Fortgeschrittenen-Status im Tetris.
Erster Stopp: Ein Einkaufcenter in der Nähe von Thessaloniki. Traumhaft! Man stelle sich ein beliebiges größeres Shoppingcenter in Deutschland vor, mit doppelt so vielen Leuten, doppelt so lauter Musik, ... man verdopple einfach alles. So suchen wir nach der eilig gekauften Sitzerhöhung für Kind 3 schnell das Weite und verschieben den Lebensmitteleinkauf.
Nach Thessaloniki wird auch auf der Straße alles viel ruhiger und entspannter. Zweiter Stopp: Constantin hat Hunger und wir parken für einen kleinen Snack an einer Bar. Dritter Stopp: Da wir es nicht bis abends um acht schaffen, halten wir nochmal um an einem Supermarkt das Nötigste zu bunkern. Der vierte Stopp wird wieder von Consti diktiert und wir beschließen in einer Taverne richtig zu Abend zu essen: Lecker Meze.
Dann haben wir die 150km geschafft. Die Ferienwohnung war schon vorgewarnt und so finden wir den Schlüssel halb 10 unter dem Fußabstreicher. Die Wohnung ist super, sehr schick, 2 Schlafzimmer, 2 Balkons mit Meerblick, Wohnzimmer mit einer Schlafcouch und eine großen Küche.
Erster Blick aus dem Fenster: Alles super! Blauer Himmel, Sonne, Meerblick. Nach einem ausgiebigen Frühstück ziehen wir los, erst runter ans Meer und dann zu einer ersten Erkundungsrunde durch Kavala. Die Bucht zieht sich und wir sind eine Weile unterwegs. Gegen Mittag setzen wir uns in ein gerade öffnendes Restaurant. 20 Minuten später herrscht hier Trubel, jede Menge griechische Familien, die zum Sonntag hier essen gehen. Die Meze sind lecker und alle spachteln ordentlich rein. Wir drehen eine Runde von der Promenade zum Hafen, hoch zum Aquädukt und in Altstadt. Für die Burg lassen sich die Mädchen allerdings nicht begeistern, das machen wir ein andermal.
Wir schlendern durch ein paar Souvenirläden und dann wieder zurück in Richtung Ferienwohnung. Mittlerweile sind wir einige Kilometer unterwegs und die Mädchen stöhnen langsam.
Am Abend ziehen wir daher nochmal mit dem Auto los und landen in einem Fischrestaurant an dem wir heute schon zweimal vorbeikamen. Auch hier bestellen wir wieder Kleinigkeiten die Karte hoch und runter. Leckeres Essen mit schicker Aussicht.
Am Morgen fahren wir zum Fähr-Terminal von Kavala, denn wir wollen die Fähre um 10:30 Uhr nach Thasos erwischen. Allerdings fährt diese nur 9:30 Uhr und 12:15 Uhr. Hmm, vielleicht haben wir einfach den falschen Fahrplan...
Na gut, dann tauschen wir den Insel-Thasos-Tag mit dem Kavala-Shopping-Tag, sehr zum Gefallen der jüngsten Tochter. Zunächst geht es aber zum Aquädukt und noch eine kleine Runde durch die Altstadt. Beides wurde irgendwann im 16. Jahrhundert nach römischen Vorbild vom damaligen Sultan hier wieder rekonstruiert. Nach einer weiteren Sanierung in den letzten Jahren ist das hier ein richtiges Schmuckstück. Der Geheimtipp in der lokalen Broschüre ist die Fahrt mit einer kleinen Straßenbimmelbahn. Diese ist allerdings, nicht wie erwartet, ein Touristending, sondern wird von der Stadt als kostenfreies Beförderungsmittel durch die steile und verwinkelte Altstadt angeboten, was von vielen älteren Einwohnern rege genutzt wird. Wir lassen uns eine Runde mitkutschieren. Die Mädchen gehen danach auf die versprochene Shopping-Tour, während der Rest von uns hoch zur Burganlage läuft. Nach einer Besichtigungsrunde mit herrlichem Blick auf die Stadt gibt es noch einen leckeren Frappé.
Zusammen gehen wir dann am frühen Nachmittag in einer Taverne leckere Pita-Wraps essen, bevor wir dann mit dem Auto in Richtung Palio Kavala (Alt-Kavala) fahren. Hier soll es einen schönen Naturpfad geben, den wir schon zu Hause in einer Broschüre entdeckt hatten. Im Dorf angekommen, gestaltet sich die Suche nach dem Wanderweg allerdings schwierig. Kein Schild oder Hinweis weit und breit. Der Wirt der Bar ist der Meinung, der Weg sei nix für uns und verrät auch nichts. So versuchen wir es auf eigene Faust, recht erfolglos. Dann kommen wir an einem älteren Mann vorbei, der uns in gutem Deutsch fragt, wohin wir denn wollen. Es stellt sich heraus, dass er derjenige ist, der die Mühle am Pfad für Schauvorstellungen bedient. Allerdings ist im Moment zu wenig Wasser da. Dafür läuft er ein Stück mit uns mit und zeigt uns den Weg.
Wir laufen nicht die ganzen 6km bis zum Ende, sondern nur ein paar hundert Meter auf dem wunderschönen Weg, auch wenn die jungen Damen ein ziemliches Gesicht ziehen. An der Mühle schwenken wir wieder in Richtung Palio Kavala. Zurück im Ort bedanken wir uns bei dem Mann nochmal und können dem Wirt der Bar nun erzählen, dass wir es doch zur Nero Milos geschafft haben. :-)
Essen gibt es heute in der Ferienwohnung - Spaghetti satt.
Zweiter Anlauf nach Thasos, heute mit der 09:30 Uhr-Fähre. Im Bordbistro gibt es lecker Frappé. Der Plan sagt, die Überfahrt dauere 35 Minuten. Nach einer halben Stunde sind wir noch mitten auf dem Meer und jetzt wird langsam klar, wo der Denkfehler liegt. Von Kavala gibt es eine Linie nach Prinos. Wir hatten den Fahrplan der anderen Linie zwischen Keramoti und Limenas. Wir sind sprichwörtlich einfach auf dem falschen Dampfer! Der Zielort ist auch ein anderer, aber wenigstens die Insel ist dieselbe.
Wir legen in Prinos an und nehmen den bereitstehenden Linienbus nach Limenas oder Thasos Town der Inselhauptstadt. Wir schlendern ein wenig durch die gemütliche Altstadt und holen uns ein paar gefüllte Pitabrote. Vorbei an einer nicht ganz so spannenden Ausgrabungsstätte laufen wir zum Kap Ákra Evraiókastro wo es viele kleine Krabben und Einsiedlerkrebse zu sehen gibt. Auf dem Rückweg machen wir eine Badepause am Strand, wo auch Constantin mit den Füßen ins Wasser gestellt wird. Er findet das total faszinierend. :-)
Dann wird es auch schon wieder Zeit. Wir laufen mit kurzem Stopp am Bäcker zur Fähre, die diesmal wirklich nur 35 Minuten zum Übersetzen braucht. In Keramoti ist noch eine knappe Stunde Zeit bis der Bus nach Kavala losfährt und so gibt es in einer Bar für jeden noch ein leckeres Getränk.
Der Bus bringt uns zunächst bis nach Chrysoupoli, wo wir nochmal umsteigen müssen. In Kavala angekommen, bleiben wir gleich in der Nähe des Busbahnhofs, wo wir in einem Restaurant einkehren. Zurück in der Ferienwohnung sind wir nach diesem langen Tag alle ziemlich platt.
Constantin hält uns nachts ziemlich auf Trab. Dementsprechend unausgeschlafen und reizbar sind wir am nächsten Morgen. Eigentlich wollten wir heute nach Fillipi zu einer römischen Ausgrabungsstätte, aber die Mädels machen auf stur. So beschließen wir kurzerhand, die 3 bleiben in der Ferienwohnung und wir fahren allein. Das wollen sie dann aber auch nicht und etwas später sitzen alle im Auto. Das Navi hat von Fillipi wieder eine etwas andere Vorstellung als die Realität vor Ort und so verfahren wir uns gehörig.
Die Ausgrabungsstätte ist wirklich riesig. Im Amphitheater geben die Mädels erstmal eine Vorstellung. Dann laufen wir weiter zum römischen Forum und schauen in das kleine Museumsgebäude. Während die Mädchen zum Eingang bzw. zum Imbiss unterwegs sind, versuchen „die Alten” mit Consti den Aufstieg zur Akropolis. Aufgrund der Temperaturen und der mangelnden Lust kehren wir auf halber Strecke um und setzen uns mit in den Imbiss. Ich bestelle zwar nichts, hab am Ende aber am meisten von uns allen gegessen. Griechischer Salat, Ofenpaprika, Feta, Pitabrot...
Wir fahren weiter in Richtung Norden in die Stadt mit dem schönen Namen Drama. Sehenswert ist der schön angelegt Park im Zentrum, durch den wir eine ganze Weile schlendern. Während die Damen nochmal auf Shoppingtour gehen, lauf ich mit Consti kreuz und quer durch die Gassen der Stadt in der Hoffnung, er schläft irgendwann ein.
In einer kleinen, urgemütlichen Taverne finden wir auch noch was zu Essen. Die Wirtin versucht mit drei Brocken Deutsch uns zu bedienen und freut sich, dass es uns schmeckt. Die griechischen Vareniki mit Schafskäse und das frische hausgebackene Pitabrot sind der Hammer.
Am Morgen holen Constantin und ich Brötchen für’s Frühstück. Dann geht es zum Berg Pangäon, an dessen Nordseite sich das Kloster Ikosifinissa befindet. Auch wenn wir die Anlage eindrucksvoller erwartet haben, der Anblick des vergoldeten Altar in der hölzernen Kirche im Innenhof ist schon was. Leider sind in der Anlage keine Fotos erlaubt. Im klostereigenen Laden kaufe ich etwas Halloumi-Käse. (Den essen wir irgendwann zu Hause. Extrem lecker und absolut kein Vergleich mit dem was man hier im Laden kaufen kann.)
Anschließend geht es ein paar Kilometer weiter in das kleine Dorf Kipia in das Wachsfigurenmuseum. Da Constantin gerade so schön schläft, bleibe ich mit ihm im Schatten sitzen, während alle anderen sich das Wachsfigurenkabinett anschauen. Dann spazieren wir in eine kleine Taverne nebenan. Hier bestellen wir wieder jede Menge leckere Kleinigkeiten und genießen die griechische Gastfreundlichkeit.
Zurück in Kavala drehen wir noch ein paar Runden durch den ein oder anderen Laden. Constantin und ich halten uns zurück und besorgen lieber Zutaten für unser Abendessen.
Was an Sehenswürdigkeiten noch offen ist, wäre das Schlammbad hier in der Nähe. Aber sinnvoll ist das nicht, da wir dort eh nicht zusammen reinkommen, weil nach das Bad nach Geschlechtern getrennt ist. Außerdem wäre man (unter dem Schlamm) nackt, womit das Thema bei der Hälfte der Reisegruppe sofort erledigt ist. Naja, ehrlich gesagt, Consti durch den Schlamm zu ziehen, klingt auch nicht nach der schillerndsten aller Ideen. Also Alternativen!
Ein paar Kilometer weiter östlich ist das Nestos-Delta. Der Nestos ist ein recht großer Fluss und es soll einen schönen Wanderweg geben. Da diese Idee auch nicht gerade Jubel hervorruft, schauen wir vor Ort, ob auf der Bahnstrecke noch irgendwas los ist und man das Nestos-Tal vielleicht auch mit der Eisenbahn befahren könnte. Es sieht aber alles recht verlassen aus und auch die Allwissende Müllhalde sagt, der letzte reguläre Zug fuhr 2008. Also doch laufen.
Die Schlucht ist sehr schön und der Abstecher hierher hat sich gelohnt. Als wir nach knapp 2km gerade wieder umkehren, hören wir den Zug der unter uns irgendwo langfährt. Schade. Es gibt doch noch was.
Mittagspause gibt es im Ort Chrysoupoli, wo wir auf der Busfahrt schon mal umgestiegen sind. Auf der Suche nach einem Mittagessen versuchen wir es erst in einer Bar, ziehen dann aber nochmal in ein kleine Taverne um. Besonders lecker ist die warme Feta-Paprika-Creme.
Am Nachmittag machen wir am Kavala Beach halt, denn wir wollen auf jeden Fall alle nochmal baden gehen. Herrlich!
Am Abend kehren wir ein letztes Mal in Kavala ein, wo wir wieder jede Menge Meze bestellen. Nach Einbruch der Dunkelheit öffnet der Rummelplatz an der Uferpromenade. Die Mädchen hatten in Erfahrung gebracht, dass dieser nur sonntags offen ist. Zurück in der Ferienwohnung fangen wir schon mal an, alles in die Koffer und die Rucksäcke zu packen. Offenbar wurde ganz schön eingekauft, denn es wird eng in den Koffern.
Restefrühstück, Ferienwohnung wieder halbwegs in einen würdigen Zustand bringen und das Gepäck ins Auto puzzeln. Dann geht es los. Der Wochenmarkt in Kavala findet ohne uns statt, da es keine Aussicht auf einen Parkplatz in der Nähe gibt. So fahren wir zur Autobahn und in Richtung Westen nach Thessaloniki. Wir halten kurz am Steinernen Löwen in Amphipolis und fahren dann weiter zum kleinen Ort Paralia Ofriniou mit herrlichem Strand und ein paar netten Restaurants. Wie könnte es anders sein, wir bestellen nochmal kreuz und quer durch die Meze-Auswahl und auch hier ist es wieder lecker!
Nun sollten wir uns langsam zum Flughafen aufmachen. Das Navi schickt uns auf recht abenteuerlichen Pfaden wieder zum Mietwagenverleih. Da wir aber noch tanken müssen, stellen wir fest, dass dies der einzig sinnvolle Weg hierher ist. Verkehrsgünstig angebunden ist wahrscheinlich was anderes. Der Shuttlebus zum Flughafen ist nirgendwo zu sehen, sodass wir schon langsam wieder Druck bekommen. Dann klappt aber doch noch alles ohne Probleme. Nur der Abschiedsfrappé bleibt damit auf der Strecke...
Die Strecken Thessaloniki-Wien als auch Wien-Berlin Tegel verlaufen reibungslos und die Zeit vergeht ziemlich schnell. In Tegel angekommen, hole ich zuerst das Auto zum Flughafen und als alles verpackt ist, fahren wir auf getrennten Wegen in Richtung Turmstraße, Freundin mit Consti mit dem Bus, der Rest mit mir mit dem Auto. Nach einem Imbiss an der nächstbesten Falafelbude fährt die Freundin mit den Kindern im Auto nach Dresden, während ich mit dem Schienenersatzverkehr der Ringbahn kämpfe und wirklich auf den letzten Drücker meinen Bus am Südkreuz erwische. Die Fahrt mit dem grünen Bus ist ziemlich ereignislos. Kurz nach Mitternacht bin ich bei ziemlichem Mistwetter wieder zu Hause.